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“Journalismus ist immer noch zunächst Dienst an der Gesellschaft”

Aug 11th 2008
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In der aktuellen Ausgabe des “Wirtschaftsjournalisten” (03/2008) schrieb Herausgeber Volker Wolff im Editorial über die Missstände im Journalismus, insbesondere über die immer mehr ineinander verschmelzenden Grenzen zwischen Journalismus und purer PR.

“Es gibt simple Wahrheiten, deren Bekanntheitsgrad so eingebrochen ist, dass sich im allgemeinen Vergessen Betriebsunfälle häufen. Zum Beispiel die Tatsache, dass Journalismus eine Mission hat. Eine Aufgabe, die viel mit der Auswahl und Verbreitung des Wichtigen, mit Distanz und Kritik zu tun hat. Diese Aufgabe steht sogar im Gesetz. Wird sie vergessen, überfluten Belanglosigkeiten und Schleichwerbung die Medien.”

Ich hatte das Fachmagazin damals in meinem Griechenland-Urlaub mit und dank mangelnder Freizeitbeschäftigung in Rhodos gönnte ich mir die Ausnahme und las die gesamte Zeitschrift durch, inklusive Editorial. Und Gott, dieser Mann traf mit seinem Artikel genau meine Einstellung zur aktuellen, verbreiteten Lage des Journalismus.

Demnach wird der Journalismus als “Kommunikationshure” in Stücke zerrissen und ausgebeutet. Man reduziert ihn auf reine Informationsübermittlung:

“Ich sende, also bin ich: Journalist. Ganz folgerichtig halten sich viele von denen, die das Internet fluten, als Journalisten. Selbst Blogger, die nichts anderes als Peinlichkeiten verbreiten.”

Und weiter …

“Nicht minder weit entfernt von der Hoffnung des Gesetzgebers ist die Vorstellung mancher Öffentlichkeitsarbeiter, es sei bereits Journalismus, wenn Informationen in die Satzstrukturen der Agenturen gepackt werden. Wer, was, wann, wo und so weiter mit der Quelle in Lead-, Detail- und Hintergrundsatz gestopft, fertig sei der Journalismus. Kein Wunder, dass diese Öffentlichkeitsarbeiter keinen Unterschied zwischen PR und Journalismus erkennen, sobald sie kurze Sätze entdecken. Stimmt die Zeitenfolge, ist dann auch platte Werbung Journalismus. Ich schreibe, also bin ich: Journalist.”

Wer nun aller Journalist sei und wer nicht, dessen Selektion auch gern über diverse Fachverbände und Clubs “entschieden” wird, ist ebenfalls mehr als schleierhaft. Zum deutschen Journalistenverband schreibt Wolff:

“Hier bekommt auch der seinen Presseausweis, der hauptberuflich Informationen in Pressestellen verbreitet. Ich zahle, also bin ich: Journalist.”

Nachdem ich neben dem Medium Internet nun auch schon das ein oder andere Praktikum im Printbereich genießen durfte oder den Fuß mal eben in das Radio- und Fernsehstudio gebracht habe, muss ich Wolff recht geben. Der Journalismus verkommt immer mehr zur subjektiven Öffentlichkeitsarbeit irgendeiner Interessensgemeinschaft. Selbst sogenannte Qualitätsmedien verkommen immer mehr dem Druck der Wirtschaft und deren Interessen. Auflage, Reichweite, Anzeigen. Nur das zählt noch. Da ist die Zensur dann auch nicht mehr weit entfernt.

“Und wenn dann auch noch Hochschulen Journalisten und Öffentlichkeitsarbeiter in einem Studiengang ausbilden, darf sich niemand mehr wundern, wenn eine Profession unter die Räder kommt.”

Alarmierende Zustände.

Es sollte nicht die Aufgabe des Journalisten sein, irgendwelche politisch oder wirtschaftlich motivierte Interessen einiger wenige zu vertreten. Sondern es ist die Aufgabe, das öffentliche Wohl durch Informationen zu verfolgen.

Denkt daran, wenn ihr heute die Zeitung aufschlägt.

P.S.: Dass der Aufmacher der aktuellen Ausgabe ausgerechnet “Die besten Pressesprecher 2008″ lautet, zeugt von großem Zynismus.


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