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Es ist verdammt hart, ein Stammkunde zu sein

Oct 17th 2008
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Wie kann man plötzlich Stammkunde sein und Treuepunkte sammeln besitzen, ohne sich je dazu angemeldet zu haben? Genau diese Frage musste ich mir heute beim Einkaufen stellen.

Der Kunde

Es ist Freitagabend und Sie wollen für das Wochenende noch schnell im Supermarkt um die Ecke ein paar Kleinigkeiten kaufen. Natürlich sind Sie nicht die einzige Person, die gegen 18:00 Uhr diese Idee hat und so stehen Sie wegen einem 6-Pack Bier und zwei Fertiggerichten in einer großen Schlange an der Kassa. Neben dem Gepiepse der Barcode-Scanner hören Sie bei jedem Kunden, wie er von der freundlichen Kassiererin nach der Kundenkarte gefragt wird: “Ach, Sie haben keine? Wollen Sie eine? Geht ganz schnell!” Und so werden Sie Zeuge, wie an der Kasse im Akkordtempo Kunden zu Stammkunden werden. Was Sie vielleicht aber nicht wissen, dass Sie selber schon lange ein Stammkunde sind. Zumindest steht das am Kassenbon, den Sie in wenigen Minuten in der Hand halten werden.

Der Stammkunde - Rabattkarten

Zücken Sie bei jedem Einkauf Ihre Rabattkarte und sammeln Sie fleißig Punkte. Dafür bekommen Sie Prämien - und der Anbieter des Bonusprogramms einen weitgefächerten Einblick in Ihr Leben, denn mit Hilfe der Bonuskarten lässt sich ein umfangreiches Kundenprofil erstellen. Aus diesem Profil lässt sich errechnen, wie hoch Ihre Kaufkraft ist, ob Sie alleine Leben oder Kinder zu Hause haben, ob Sie sich gesund ernähren oder nicht, welche Vorlieben Sie haben und welche Werbung bei Ihnen am besten ankommt.

Im Grunde genommen ein sehr alter Hut, denn diese Bonusprogramme gibt es schon seit der ersten größeren Supermarktkette. Damals mussten Sie noch eigenhändig Ihre Treuepunkte in ein Heftchen kleben und dieses mit einem ausgefüllten Formular - Ihren Kundendaten - per Post an die Zentrale schicken. Als in den frühen Neunzigern auch die Plastikkarten günstig geworden sind, fanden ebenfalls die dazu passenden Rabattkarten ihren Einzug. Ein Schelm, wer dabei falsche Daten angab und lachte, als das Haustier plötzlich personalisierte Werbung ins Haus bekam.

Übrigens sind Supermarktketten, die solch Bonusprogramme anbieten, im Durchschnitt teurer als die, die keine Rabattkarten anbieten. Irgendwo muss das “verschenkte” Geld ja auch wieder reinkommen.

Der bargeldlose Stammkunde - Debit- und Kreditkarten

Lange Zeit war es still um die Rabattkarten geworden. Die Warnungen diverser Datenschützer waren von einem Großteil der Bürger gehört worden und die Supermärkte mussten sich etwas Neues ausdenken, um an Ihre Daten zu kommen. Doch zu dieser Zeit war längst das bargeldlose Bezahlen in aller Munde, das Bezahlen via Debit- und Kreditkarten. Erstaunlicherweise gibt es einen Marktführer im kartenbasierten bargeldlosen Zahlungsverkehr in Österreich, die Paylife Bank GmbH. Ein Schelm, wer dabei denkt, dass alle Ausgaben die Sie mit Ihrer Debitkarte tätigen, bei diesem Marktführer gespeichert und genau protokolliert werden.

Laut Wikipedia verfügt Paylife über ca. 96.500 Vertragspartner und hat 8 Millionen Zahlungskarten ausgegeben. Unterstützte Kartensysteme sind Maestro,VISA, Quick und MasterCard. Die Maestro Bankomatkarte verfügt über ein “Feature”: Kundenkarte für Stammkundenabfragen für Handelsbetriebe. Und schon geht die Datensammlerei wieder von vorne los.

Der unmündige, bargeldlose Stammkunde

Es wäre allerdings falsch und unhöflich, anzunehmen, Sie dürften selber entscheiden, ob Ihre Einkaufsgewohnheiten protokolliert und weiterverarbeitet werden. Das würde für Sie nur einen unnötigen Mehraufwand bedeuten, den Ihnen die Supermärkte gerne abnehmen. Es ist Ihnen sicherlich schon einmal aufgefallen, dass, wann immer Sie bargeldlos bezahlen, in den meisten Supermärkten eine automatische “Stammkundenabfrage” durchgeführt wird. Sie kommen dabei auch nicht drum rum, denn erst nach dieser Abfrage dürfen Sie Ihren PIN-Code eingeben und den Zahlungsvorgang bestätigen. Ein Schelm, wer dabei kein ungutes Gefühl hat.

Doch Sie werden sich auch dabei noch nichts Besonderes denken, schließlich weiß somit lediglich ihr Debitkarten-Monopolist, was Sie tagtäglich alles so einkaufen. Sie haben sich als datenschutz-versierter Mensch bis dato gegen ein Ausfüllen eines Treuepunkte-Sammel-Mitgliedsformulars erfolgreich gewehrt. Sie irren sich.

Die Kundennummer

Sie stecken Ihre Karte wieder ins Portemonnaie, bedanken sich bei der freundlichen Kassierin, die Ihnen den Kassenbon in die Hand drückt. Mit Erstaunen stellen Sie fest, dass Sie im Besitz einer Kundennummer sind, insgesamt 962 Treuepunkte haben und davon heute schon 10 hinzugewonnen haben. Ein Schelm, wer dabei denkt, der Supermarkt hätte nur eine Kundennummer und nicht auch schon längst Ihren Namen und Anschrift.

Sie fragen die Kassiererin, wie Sie denn plötzlich zu einer Kundennummer gekommen sind, auch wenn Sie sich dabei keine Klarheit schaffende Antwort erwarten. “Na da müssen Sie sich mal bei uns registriert haben.” - Sie negieren, Ihre Daten jemals bewusst hinterlassen zu haben. “Naja, wenn Ihnen mal langweilig ist, können’s das ja abmelden auch wieder.”

Sie verlassen den Konsumtempel und sehen die Silhouette des Maskottchens auf einer Werbetafel des Supermarktes, bei dem Sie nun eine Kundennummer haben. Den Zynismus vor Augen, denken Sie an den Namen des Maskottchens und hören sich sagen: “Es ist verdammt hart, ein Stammkunde zu sein.”


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One Response

  1. madmayr says:

    hehe … big M is watching you ;p
    deswegen zahl ich ungern mit bankomatkarte

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