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Von der Zukunft der Lan-Parties

Oct 29th 2008
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Seit Jahren hört man von der österreichischen Lan-Szene, dass sie langsam aber gewiss den Bach runter geht. Lanparties seien schon längst überreif, ein Relikt aus dem 20. Jahrhundert, als Videokassetten und 4-fach CD-Rohlinge noch Bestandteile des Alltages waren.

Tatsächlich ist ein abschwächender Trend in den letzten drei Jahren zu verzeichnen. Die Anzahl der großen öffentlichen Lanparties ist zurückgegangen, auch die Teilnehmerzahlen schwinden. Über die Gründe dieses Rückgangs sind sich Experten und Kenner der Szene selbst nicht einig. Zu komplex ist der historische Werdegang von Lanparties und dessen Szene. Viele einzelne Faktoren spielen dabei wichtige Rollen, die Liste der Vorwürfe ist lang.

Die Veranstalter von Lanparties beklagen meist die gewachsenen Ansprüche ihrer Teilnehmer. Ein schlichter Tisch, Sessel, Strom- und Netzwerkanschluss reicht heute nicht mehr aus um die Hallen zu füllen. Doch durch die gestiegenen Kosten bei Miete und Anschaffung können diese Ansprüche nur kaum mehr gedeckt werden. Ein zu hoher Unkostenbeitrag schreckt die junge Zielgruppe ab, die Hallen bleiben leer. Einige fürchten bereits die kommende Auswirkung der Finanzkrise, die die Aufwandskosten nochmals in die Höhe treiben und die Kaufkraft der Teilnehmer überaus senken wird.

Der Hauptgrund für sinkende Teilnehmerzahlen ist, laut vieler Veranstalter, die gestiegene Anzahl an Breitband-Internetanbindungen. Lanparties tun sich schwer gegen diese kostengünstige Infrastruktur anzutreten. Zu Zeiten der 56k-Modem-Leitung wurden Lanparties dank des schnelleren Netzwerkes regelrecht gestürmt. Doch nun würde der klassische Computerspieler keinen Anreiz mehr für eine längere Autofahrt finden, er habe doch auch zu Hause einen schnellen Zugang zu Servern und Battles.

Doch sollen das wirklich die Gründe sein? Das Radio wurde damals auch nicht durch das Fernsehen abgelöst und selbst das auf Papier bedruckte Buch wird es noch lange geben. Warum sollten also Lanparties schnelleren Internetanbindungen oder gehobenen Ansprüchen zum Opfer fallen?

Das eigentliche Übel ist die Lan-Szene selbst, denn es gibt keine mehr. Die Szene ist und war schon immer eine schnelllebige, doch nun ist sie an einem Punkt angelangt, bei dem sie Gefahr läuft, sich selbst zu überholen. Zur Gründerzeit der österreichischen Lan-Szene fanden sich ständig neue, mutige Veranstalter, die ständig neue Lanparties aus dem Boden stampften. Viele beließen es bei einer einzigen Party, oder scheiterten noch vor dem Veranstaltungsdatum an organisatorischen Hürden. Einige Wenige aber hatten Glück und konnten ihr Know-How erweitern sowie sich längerfristig behaupten. Das war die Lan-Szene, von der bis dato immer die Rede war. Genau diese wenigen Organisatoren konnten sich das Vertrauen der Teilnehmer erarbeiten und zehrten so lange daran, bis sie selbst die Lust an Lanparties verloren hatten.

Doch diese Lan-Szene war (und ist) nicht immer sehr freundlich zu sich selbst. So verabsäumte man schon sehr früh die Förderung und Unterstützung anderer Organisatoren, die lediglich als “Anfänger” belächelt wurden. Nun fehlt es an Nachwuchs. Allerdings an Nachwuchs an Veranstaltern, nicht an Teilnehmern. Denn Computerspieler gibt es heute mehr denn je. Auch die kleinen privaten Lanparties in Kellern oder Garagen existieren noch. Die Szene ist zu einem Kellerkind mutiert.

Doch auch das Potenzial an vorhandener “Kundschaft” wird fahrlässig ignoriert. Man schafft es nicht, die Spieler aus den Kellern in die Hallen zu chauffieren, denn es scheitert an etwas Grundsätzlichem: Marketing. Was selbst ein 100-Seelen-Dorf mittels Tourismusverband zu Stande bringt, funktioniert in der Lan-Szene nicht. Sich selbst als Produkt zu präsentieren, sich zu verkaufen.

Nun gibt es seit einem Jahr den “eSport Verband Österreich” (esvö), der hierbei helfen könnte. Auch wenn er im Allgemeinen auf den eSport ausgerichtet ist, sollte man mit der noch übrigen Lan-Szene schnellstmöglich ein Konzept ausarbeiten und durchsetzen. Retten was zu retten ist. Dann gibt es Lanparties auch noch in drei Jahren.

 

Demnächst: Warum PlanetLAN.at tot ist und der eSport böse ist.

 


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2 Responses

  1. AtHeOS says:

    Hallo Mixxi,

    Danke für deinen sehr ausführlichen Bericht.
    Interessante Blickweise!

    Du hast bestimmt recht, dass man Marketing leider zu oft unterschätzt.

    lg AtHeOS

  2. Arbeitstitel says:

    [...] drauf und dran ist, alles bisherige Gute in Schutt und Asche zu stampfen, bin ich sowieso noch schuldig. Doch so ein Thema benötigt viel Zeit. Ich könnte von einer möglichen Fortsetzung der DoT-Lan [...]

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