mixxmaster’s blog

Das Wasser kocht

Nov 24th 2008
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Wir sind Regierung! — So oder so ähnlich könnte man die neue große Koalition mit einer Schlagzeile á la Bild/Krone/Kurier betiteln und dem zukünftigen Bundeskanzler Faymann würde das sicherlich sehr gefallen. Er liebt bekanntlich den Populismus. “Wir sind Regierung” würde zudem auch eine gute Metapher einer Demokratie abgeben, den populistischen Satz “die Macht geht vom Volk aus” über eine Metaebene vermittelnd. Wir haben die da gewählt, die haben sich nach 56 Tagen endlich aufgerafft um uns anschließend den selben alten Hut als neue - geradezu innovative - Errungenschaft zu verkaufen.

Als die beiden Parteichefs Sonntagabend bei einer Pressekonferenz die Einigung auf eine große Koalition verkündeten, sagte Faymann: “… Es gibt also aus meiner Sicht nur einen Gewinner, das ist die Glaubwürdigkeit der Politik, dass wir beide, wenn wir das Koalitionsprogramm uns ansehen [...], behaupten können, wir werden das nach der Wahl erfüllen, das was wir jeweils vor der Wahl auch versprochen und zugesagt haben. …“. Die Glaubwürdigkeit der Politik als Gewinner. Aha.

Was hier als eine große Parteienpartnerschaft verkündet wurde, ist ein Kniefall vor der ÖVP, wie er nicht anders zu erwarten war. Denn davon abgesehen ist im Schatten der vergangenen Koalitionsverhandlungen, der bedrohlichen Zustände in der Finanzwelt, beim Gesundheitswesen, Post, ÖBB, etc. eine politisch außerordentliche Rochade untergegangen: die SPÖ überlasst der ÖVP das Justizministerium.

Das ist demokratiepolitischer Zündstoff. Nicht, weil nun nach 74 Jahren erstmals wieder ein schwarzer Justizminister regiert, sondern weil - sieht man von der roten Alleinregierung unter Kreisky ab - zum ersten Mal eine Partei beide Sicherheitsministerien sowie die wichtigsten Wirtschaftskontrolldienste dirigiert. Kann man da noch von einer großen Koalition sprechen? Die ÖVP stellt den Innenminister, den Justizminister, den Finanz- und den Wirtschaftsminister und kontrolliert damit Staatsanwaltschaft, Kriminalpolizei, BIA, Verfassungsschutz, Asylbehörden, Finanzstraf- und Kartellbehörden.

Peter Pilz, Nationalratsabgeordneter der Grünen, bringt es auf seiner Homepage in einem Beitrag vom vergangenen Freitag auf den Punkt:

    “Das einzige Grundrecht, das in der SPÖ noch hochgehalten wird, ist das Grundrecht auf Dummheit. Anders ist es nicht zu erklären, dass die SPÖ ihrem Partner Innenministerium und Justizministerium überlassen will.

    Die ÖVP ist die Partei des organisierten Machtmissbrauchs. Amtsmissbrauch, Bruch des Amtsgeheimnisses, Mobbing und alle Formen der Korruption – wer das untersucht, stößt immer wieder auf dieselben Namen und dieselbe Partei.

    Wer das alles kontrolliert, kann jede behördliche Kontrolle ausschalten. Die schwarzen Kavaliere von Bankspekulanten bis Waffenschiebern sind dann wieder in Sicherheit. Freie Bahn heißt es dann auch für politischen Machtmissbrauch. Dass sich der sofort gegen die SPÖ richtet, wird dann für große Verwunderung unter unseren Genossen sorgen.”

Bei Legislative, Exekutive und Judikative ist jetzt Schwarz die vorherrschende Farbe. Das werden fünf sehr heitere Jahre, in denen sicherlich viel Stoff für Investigativjournalismus fabriziert werden wird. Und es liegt mir schon fast nahe, auch das Wort Überwachungsstaat in den Mund zu nehmen.

 


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