mixxmaster’s blog

Nächste Woche ist es so weit

Mar 8th 2009
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Wir sitzen gerade in der Technik-Kanzel eines typisch ländlichen Fußballstadions und verfolgen eher gelangweilt ein Bundesligaspiel, amüsieren uns aber am heftigen Schneefall, der das Spiel zu einer Schlammschlacht macht, als M. ganz beiläufig sagt: “Nächste Woche ist es so weit, dann entlassen sie 10 Leute, allein nur in unserer Abteilung.”
Ich blicke in sein Gesicht, seine starren Augen auf das Feld gerichtet, ein kalter Blick, da spricht er mit leiserer Stimme weiter: “Ein Unternehmen das letztes Jahr über 4 Milliarden Gewinn gemacht hat. Nur weil die Anleger panische Angst davor haben, dass von dem großen Kuchen ein paar Brösel verschwinden könnten, werden jetzt Arbeitsplätze gestrichen.” Er schüttelt resignierend den Kopf.

Mein Blick schweift an den gegenüberliegenden Tribünen vorbei. Ein klassisches Bild von Fußballfans. Da sitzen oder stehen vorwiegend einfache Arbeiter, die hier im Stadion, fernab solcher Sorgen, eine simple Unterhaltung suchen. Während sie so dastehen und Parolen grölen, thront über ihnen eine große Ansammlung riesiger Firmenlogos. Es ist eine moderne Abwandlung der alten “Brot und Spiele”. Paradox, dass deren Unterhaltung großteils von ihren Arbeitgebern finanziert wird, man muss die Leute eben bei Laune halten, insbesonders zu wirtschaftlich schlechteren Zeiten.

“Die einfachen oder externen Leute sind ja schon längst weg. Aber jetzt geht’s auch an die inneren Reihen”, sagt M., “und das macht mir Angst.” Ich kann ihn nur stumm ansehen und ihm wünschen, auch nächste Woche noch zu den inneren Reihen zu gehören.

Am Abend laufe ich S. über den Weg. Freudestrahlend erzählt sie mir von ihrem großen Glück, einen potenten Finanzier und Werkstätte in Einem gefunden zu haben. Endlich kann sie ihren ersten, großen Dokumentarfilm produzieren. “Ich kann mein Glück immer noch nicht fassen. Da suchst du so lange nach einer Möglichkeit, rennst nur gegen Mauern an und plötzlich, als du die Hoffnung fast schon aufgegeben hast, eröffnen sich vor dir alle Türen!” grinst sie mich an. Ich freue mich für sie, denn sie hat Talent. Ich muss schmunzeln, als mir der Gedanke einer weiblichen Dawson Leery durch den Kopf schießt, hat sie doch schon mit 16 Alles und Jeden um sie herum auf Film festgehalten. Ich kann mir gut vorstellen, ihren Namen eines Tages im Vorspann einer Doku auf BBC zu lesen.

“Ich hoffe nur, alles richtig zu machen. Jetzt habe ich die vielleicht einzige Chance, mich behaupten zu können”, flüstert sie mir zu, “und das macht mir Angst.”


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